Schlagwort-Archive: Katzenhaar

Tierhaare als Nistmaterial – brandgefährlich!

Immer wieder geistern besonders zum Frühling, wenn die Brutsaison beginnt, die Ratschläge durchs Internet, man solle unbedingt ausgekämmtes Hunde- und Katzenhaar sammeln und den Wildvögeln im Garten für den Nestbau anbieten.

Häufig findet man auch Variationen dieser Ratschläge:
Man solle nur Unterwolle nehmen, nur weiches Haar, nur kurzes Haar, max xy cm usw.

Meine dringende Bitte ist:
entsorgt sämtliche Haare, egal wie kurz oder lang, weich oder fest immer absolut unzugänglich für Nistmaterial suchende Wildtiere im Restmüll!

Ein Kohlmeisenelternteil hat sich beim Füttern selbst das Teil eines im Nest verbauten Langhaares um den Flügel gewickelt und blieb beim AUsfliegen am Kasten hängen.
Ich konnte die kleine unversehrt befreien, weil ich zufällig in der Nähe stand, um die fütternden Eltern zu fotodokumentieren. Insofern ist das hier eine zufällig eingefangene Szene.
Hätte ich da nicht gestanden und sofort eingreifen können, wäre die Meise dort schnell (Stress) verendet und tot oder noch lebendig von einem der vielen Feinde, die hier nur auf ihre Gelegenheit warten, weggeschleppt worden - wir hätten niemals gewusst, was sich da für ein Drama abgespielt hat.

Ein Kohlmeisenelternteil hat sich beim Füttern selbst das Teil eines im Nest verbauten Langhaares um den Flügel gewickelt und blieb beim AUsfliegen am Kasten hängen.
Ich konnte die kleine unversehrt befreien, weil ich zufällig in der Nähe stand, um die fütternden Eltern zu fotodokumentieren. Insofern ist das hier eine zufällig eingefangene Szene.
Hätte ich da nicht gestanden und sofort eingreifen können, wäre die Meise dort schnell (Stress) verendet und tot oder noch lebendig von einem der vielen Feinde, die hier nur auf ihre Gelegenheit warten, weggeschleppt worden – wir hätten niemals gewusst, was sich da für ein Drama abgespielt hat.

Haare im Nest bedeuten häufiger, als wir denken das Todesurteil für einzelne oder mehrere Küken oder auch Altvögel.

Ich sehe in Diskussionen immer (wie andernorts auch) das Argument:

„wieso, die Vögel holen sich doch in der Natur auch Haare, wenn ich nichts raus lege“
….und das stimmt – tun sie.
Aber sie finden die Haare nicht in riesigen Wollbergen mundgerecht bereitgestellt zum schnellen Verbauen.
In der Natur finden sie auf ihrem Suchflug nach Nistmaterial offenbar mal ein Haarbüschel, mal ein Stück Moos, mal eine Feder und dann wieder dürre Zweige – und alles, was geeignet erscheint wird, wie ich beobachten durfte, miteinander durchmischt verbaut.
Stehen massenweise Tierhaar leicht verfügbar zur Verfügung, werden diese genommen – und zwar fast ausnahmslos – das habe ich mittlerweile sehr oft beobachten dürfen.

Der Unterschied, ob ich ein durchmischt gebautes Nest habe oder ein reines Tierhaarnest ist gewaltig.
Das ist so ähnlich, als würde ich Beton anmischen wollen und die Mischverhältnisse von Zement, Zuschlagstoff und Wasser auf den Kopf stellen und mal eben den Zement fast vollständig weg lassen – das Ergebnis wäre ernüchternd.

In so gestalteten Nestern, wo kaum Haare und Schnüre verbaut wurden und die Umgebung genügend Moos, Zweige und Gräser bereit hielt, findet sich die Problematik mit abgeschnürten Gliedmaßen und mit Tierhaar verstopften Verdauunstrakten praktisch nicht,

Wenn Haare fest verbaut und verwoben werden mit anderen Nistmaterialien, dann ist das Risiko, dass sie verschluckt werden oder zu Einschnürungen führen zumindest deutlich geringer, als wenn sie lose zusammengeknüllt sind.
Bei Vogelarten, die freie Nester bauen, also auf einen stabilen Bau angewiesen sind, ist das Risiko nach meinen Beobachtungen auch geringer, denn hier werden immer andere Materialien mit den Haaren verwoben – hier machen vor allem Langhaare, die verbaut wurden und lang überstehen Probleme.

Bei Höhlenbrütern aber und besonders in den Nistkästen (Meisen, Sperlinge etc.) ist es völlig egal, was sie rein schleppen.
Es muss nicht halten, denn es kann nicht zusammenbrechen. Und da werden eben überproportional mehr Haare in den Kasten geschleppt, als es geschehen würde, wenn die Vögel kein Zusatzangebot an Haaren bekämen zu den natürlichen Vorkommen.

Nur wenig Moos, dafür lange und kurze Tierhaare satt bilden dieses Nest.
Von den ursprünglich 9 Küken leben nur noch 4.

Nachdem ich jede Saison mehrfach in den letzten Jahren diese Zusammenhänge beobachten und feststellen konnte, dass es um so mehr Kükenverluste gab, je reiner die Nistkästen mit Tierhaar gepolstert waren, habe ich die Konsequenzen gezogen und auch meine Reiter auf dem Hof angewiesen, die Pferdehaare (kurz wie lang) beim Putzen einzusammeln und auf dem extra angeschafften geschlossenen Komposter unerreichbar für die Vögel zu entsorgen.
Parallel habe ich bei der gärtnerischen Gestaltung des Naturgrundstückes auf das ständige Vorhandensein von viel Moos geachtet.
Die Nistkästen weisen seither einen deutlichen Moos- und Gräserüberschuss im Verhältnis zu gesammelten Haaren auf und die Anzahl der ausfliegenden Jungtiere hat sich erhöht.

Die Vögel finden auch ohne unser Tierhaarangebot deutlich geeigneteres Nistmaterial, wenn wir unsere Grundstücke naturnah gestalten

Aufgrund dieser Ausführungen erhielt ich als Antwort, dass die Leserin das spannend finde und sie fragte, ob ich Zahlen dazu festgehalten habe? Das wäre ihrer Ansicht nach eine nachvollziehbare Begründung, die sich auch relativ gut untersuchen ließe!

Ich habe daraufhin meine Beobachtungen der letzten Jahre geschildert:

2009 – direkt nach Kauf meines Hofes, habe ich in der Saison meine ersten 4 toten Schwalben (Nestlinge) von Schwalbennestern abgeschnitten – sie hingen aufgehängt an einem verschluckten Schweifhaarende tot aus den Nestern.
Als Folge haben wir Schweifhaare immer sorgsam entsorgt und ich habe bei neuen Nestern mittels Leiter und Schere vor dem Schlupf alle überstehenden Haare kurz abgeschnitten.Seither keine aufgehängten Schwalben mehr.

2014 bekam ich bei meiner privaten Wildvogelhilfe die ersten verschnürten Meisennestlinge aus der Stadt gebracht.

Ebenfalls 2014 öffnete ich während der Brut erstmals 3 Nistkästen von Meisen, weil auffallend viele Fliegen ums Einflugloch flogen.
In einem Nistkasten war eine komplett tote Brut aufgrund von Parasitenbefall.
In den übrigen zwei Nistkästen gab es zwischen den lebenden Nestlingen einen bzw. zwei tote Nestlinge.
Der eine Nestling hatte einen zugeschnürten Hals, die anderen zwei waren mit Haaren zusammengeschnürt, ein Bein war abgestorben.
Alle 3 Nistkästen waren nahezu ausschließlich mit Tierhaaren ausgepolstert.

und auch diese Feldsperlingsküken wurden tot aus einem Nest geholt, wo sie miteinander und mit dem Nest verschnürt waren.

Im Schnitt haben damals 3-4 Jungvögel bei den Meisen die Kästen erfolgreich verlassen, sofern es sich nicht um Totalausfälle durch Parasiten handelte.

2015 beobachtete ich eher zufällig, wie ein Altvogel aus dem Nistkasten kam und außen an einem Langhaar aufgehängt fest hing.
Ich konnte ihn noch befreien.
Beim Blick in den Nistkasten:
alles nahezu ausschließlich Tierhaare.

Von da ab habe ich das systematischer bis heute beobachtet:

Ich habe hier 14 Nistkästen, die für mich zugänglich sind.
Die Nistkästen, aus denen durchschnittlich 5-8 Nestlinge flügge wurden, waren bei der Herbstkontrolle überwiegend aus Moos und Gräsern und nur in geringerem Anteil mit Tierhaar bestückt.
Die Nistkästen, aus denen weniger als 5 Nestlinge flügge wurden waren ausnahmslos Tierhaarnester.
Zudem beobachte ich mehrfach im Jahr, dass Vögel einzelne Küken aus dem Nistkasten heraus tragen und „wegwerfen“ – hier handelt es sich in der Regel um noch sehr junge (also für den Altvogel noch tragbare) Nestlinge.
Die weggeworfenen Nestlinge sind entweder tot oder sehr schwach.
Ursachen waren bisher (von denen, die ich gefunden habe, weil ich das Geschehen beobachtet habe)Verschnürungen/Abschnürungen mit Tierhaar, einmal eine Kropfverstopfung mit Tierhaar, Verstopfungen mit Erdnüssen und/oder Sonnenblumenkernen, Parasiten und in 4 Fällen konnte ich die Ursache nicht ausmachen.

Dieses Haar klebt an den Futtertieren, nachdem die Amsel am Nest ein runter gefallenes Insekt wieder aufgenommen hat.
Das Haar wird an die Küken mit verfüttert werden und nicht verdaut werden können….

Parallel bekomme ich in meine Station jede Saison primär Meisen und Spatzennestlinge, die Verschnürungen aufweisen oder Tierhaare verschluckt haben, die noch zum Schnabel raus schauen.
Bei mir sind es mittlerweile (ich habe hier rund 300 Vögel pro Jahr mit unterschiedlichen Beschwerden/Ursachen für ihr Unglück) rund 10 – 20 Stück.
Auffällig ist, dass fast alle aus vegetationsarmen Umfeldern oder aus sehr „aufgeräumten“ Gärten stammen.
Letzte Saison haben mir über die Hälfte der Finder der betreffenden Nestlinge auf Nachfrage bestätigt, dass sie Hunde- oder Katzenhaare für den Nestbau selbst anbieten und diese begeistert angenommen werden.
Die übrigen Finder konnten nicht ausschließen, dass zusätzliche Haarangebote in der unmittelbaren Nachbarschaft stattfinden.

Die Größe dieses Kükens lässt erahnen, wie filigran die Beinchen sein müssen.
Da kann man sich vorstellen, dass sogar ein nur 0,5 cm langes Haar noch verfänglich sein kann.

Das war lediglich die Schilderung der Beobachtungen, die ich bei mir auf meinem sehr ländlichen Grundstück und in meiner sehr kleinen, privaten und als „Einzelkämpfer“ geführten Wildvogelstation gemacht habe.


Es gibt zahllose Pflegestellen bundesweit, bei denen alljährlich noch deutlich mehr betroffene Vögel abgegeben werden.
Ganz besonders in Städten und Ballungsräumen.

Auf dieser Facebookseite einer anderen Pflegestelle finden sich weitere Ausführungen und eine Sammlung von Fotos betroffener Vögel aus verschiedenen Pflegestellen bundesweit.

Hier war es zwar kein Tierhaar, aber eine nur 0,6 cm lange, hauchfeine Baumwollfaser, die sich um die Kralle der Schwalbe gewickelt hatte und schnell mit Kot und Staub verschmiert zu einem harten, abschnürenden Korsett an der Zehe wurde.

Und da muss man sich doch fragen:
Ist es das wert?

Muss ich wirklich dieses zusätzliche Risiko schaffen, nur weil ich es so „niedlich“ finde und so „gerne zuschaue“, wenn die Vögel sich meine Tierhaarhaufen wegholen?

Ein weiteres Problem, welches zumindest als sehr wahrscheinlich für Todesfälle diskutiert wird, sind sythetische und biologische Wirkstoffe aus Antiparasitika (Spot ons) und Pflegemitteln, die Haustierhaaren anhaften und über die Haut oder über die Atemwege aufgenommen werden können.
Viele Wirkstoffe, egal ob synthetischer oder biologischer Natur, die bei Säugetieren harmlos sind, werden von einzelnen, mehreren oder allen Vogelarten nur sehr schlecht oder gar nicht vertragen.
Besonders die ganz jungen, noch nackten Nestlinge sind hier sehr gefährdet, unverträgliche Wirkstoffe aufzunehmen.
Im schlimmsten Fall können auch sie für das Versterben eines Nestlings verantwortlich sein.

Gerade, wenn die Nestlinge noch nicht befiedert sind, ist die Gefahr der Aufnahme schädlicher Wirkstoffe über die Haut sehr gross

Hier noch einige Beispielberichte von anderen Posts

vom 20.4.2020

Copyright von Text und Fotos Cora Pastors‎, Wildvogelpäpplerin
Vielen Dank für die Erlaubnis zur Kopie:

Jetzt hat die Saison auch bei mir begonnen und ich habe die ersten Nackis dieses Jahr aus der Notfallgruppe bekommen.
Sie kamen zu mir, weil die Mama nach dem Befreiungsversuch von dem toten Küken an ihrem Bein, (Anm. die Finderin fand den Muttervogel mit dem toten Küken zusammengeschnürt hilflos beim Nistkasten sitzend) davon geflogen ist und leider nicht mehr wieder kam.

Sie waren Stunden lang unversorgt und total unterkühlt. Dank den tollen Findern, die sehr bemüht waren, die Kleinen zu retten, sie sofort gewärmt und zu mir gebracht haben, haben die kleinen Meisen eine Chance.
Eins war bei Ankunft leider tot und die anderen hingen alle mit Haaren verknotet aneinander. Sie hatten die Haare überall, um die Beinchen, die ‚Ärmchen‘, den Hals und sogar im Schnabel. Sie haben die Haare verschluckt und ich habe sie langsam zentimeterweise wieder raus gezogen. Das tote Küken hat sich stranguliert. Für die anderen gilt jetzt Daumen drücken 🐥🍀
Ich habe diesen Post verfasst, um euch noch einmal zu zeigen, wie gefährlich das Auslegen von Haaren für den Nestbau ist. Nicht nur für die Kleinen, sondern auch für die Eltern!
Von daher bitte die Hundehaare in den Müll und auch keine Haarbürsten draußen enthaaren. Ihr könnt auf natürliche Alternativen wie Moos o.ä zurück greifen 🌿
Schönen Sonntag und bleibt gesund.
😊

Kopie Ende

vom 21.4.2020

Copyright von Text und Fotos Isabella Daum-von Der Heyden
Vielen Dank für die Erlaubnis zur Kopie:

Guten Morgen,
Habe eben an einem meiner Nistkästen eine stangulierte Blaumeise gefunden 😢
Sie war noch warm 😔
Ich mache mir jetzt sorgen um den Partner und ein eventuelles Gelege. Soll ich erstmal beobachten? In den Nistkasten schauen und den Inhalt an eine Päppelstelle übergeben?
Hilfe! Brauche Rat

(Anm.: in dem Kasten befand sich ein unfertiges Gelege mit vier Eiern, welches mit dem Tod der weiblichen Meise ebenfalls verloren war. )

Kopie Ende

Views: 47475